Ein paar Gedanken

Nach ca. Der Hälfte unserer Reise gehen mir ein paar Gedanken durch den Kopf, die ich gerne loswerden möchte.
2015 gab es hier in Nepal ein sehr starkes Erdbeben, bei dem die meisten Dörfer fast völlig zerstört wurden. Die Menschen bekamen umgerechnet ca. 3000 Euro für den Wiederaufbau ihrer Häuser. Größtenteils sieht man jedoch Holzverschläge und Blechhütten. Zum Teil kleine Häuser mit einer kleinen unteren Etage. Oben auf den Häusern stehen die Träger für die zweite Etage. Das Geld reichte jedoch nicht mehr und erst, wenn wieder Geld da ist, wird weitergebaut.
Sie leben ohne fließend Wasser. Das komplette Trinkwassersystem ist 2015 aufgrund des Erdbebens zusammengebrochen.
Der Strom  fällt immer mal wieder aus. Die Leute lächeln nur, wenn dies passiert. Nach ein paar Minuten ist das Problem meist behoben und alles läuft wieder.
Die Infrastruktur ist katastrophal – von Straßen kann man hier nicht wirklich sprechen. Für knappe 15-20 Kilometer braucht man eine Stunde – trotz Bus. Auf den Bänken der Busse wird man hin und heugeschaukelt und fragt sich öfter, wie die Busse dies aushalten. Bei den Bussen sprechen wir nicht von den modernen Bussen, wie wir sie in Deutschland kennen. Nein – wir sprechen hier von Bussen, die bei uns vor 20 Jahren schon nicht mehr durch den TÜV gekommen wären.

Es herrscht große Armut – überall. Und trotzdem sind die Menschen freundlich. Das ist das, was mich jedes Mal aufs neue fasziniert. Wie schaffen diese Menschen das? Woher nehmen sie ihre positive Art und all die Kraft?
Jeden Tag verlassen knapp 1500 junge Menschen  – vor allem Männer – das Land und kommen nur alle drei Jahre für einen kurzen Heimaturlaub zurück. Sie versuchen, im Ausland als billige Arbeitskräfte etwas Geld zu verdienen. Das Durchschnittseinkommen liegt hier in Nepal bei 260 Euro im JAHR. Was bitte sind 260 Euro?!??
Die Frauen heiraten sehr jung – oft schon mit 11 Jahren und bekommen möglichst viele Kinder. „Je mehr Hände, desto mehr können Arbeiten – desto mehr Geld.“ Richtig. Die Kids müssen arbeiten statt zur Schule zu gehen und etwas lernen zu dürfen.
Dann werden auch viele Mädchen aus den unteren Kasten an Mädchenhändler verkauft, um Geld zu kriegen.
Wenn Kinder geboren werden, sollen es Jungen sein. Mädchen sind nichts wert. Jungen werden viel eher als die Mädels überhaupt in die Schule geschickt.
Oft sehen wir Kinder – vor allem Mädchen, die schwere Lasten tragen. Sie tragen diese auf ihren Köpfen oder auf dem Rücken. Die Kinder sind geschätzt zwischen 6 und 12 Jahre alt. Die Kinder in Deutschland spielen in diesem Alter im Sandkasten – dürfen Kinder sein.
„Nepal – das Dach der Welt“ – so steht es in dem Reiseführer, den ich mir vor meinem Urlaub gekauft habe. Das mag sein – und es war schon krass, dem Mount Everest bei dem Everest-Flug so nah zu sein. Das wird sicher in Erinnerung bleiben – und auch der Wunsch bis zum Base Camp des Mount Everest zu kommen, steht jetzt auf meiner Liste. Aber unter dem „Dach der Welt“ – da herrscht Armut.
Was wir hier tun – ein paar Flummis und ein paar Kekse oder Weingummis verteilen – das zaubert kurz ein Lächeln auf die Gesichter der Kids. Und auch auf unsere Gesichter, wenn sie lachend und johlend weglaufen oder die Flummis springen lassen.
Aber nachhaltig ist das Ganze natürlich nicht. Ich würde gerne so viel mehr tun….weiß aber nicht wie oder was….
Wir werden in einer Woche nach Hause fliegen – und zuhause geht das Leben weiter. Mit prall gefüllten Einkaufskörben, einem vollen Kühlschrank und all den Luxus-Dingen, die wir daheim haben und die wir alle ja so unbedingt brauchen. Ich nehme mich da nicht raus- mich betriffts genauso.
Während ich das hier tippe ist gerade zum vierten Mal der Strom rausgeflogen… aber das Internet läuft noch…Aber egal -das gehört jetzt nicht zum Thema.
Wir haben bei diesen Rundreisen immer einen Reiseleiter. Und dieses Mal ist es wieder einer, der sich unheimlich Mühe gibt. Er macht auch Dinge, die nicht im Reiseverlauf stehen. Er hält mittags an irgendwelchen Straßenständen und fängt an, dort Nudelsuppen zu kochen. Er kauft Bananen für alle und verteilt diese und und und. Und es gibt trotzdem Menschen, die all dies nicht sehen – nicht wertschätzen. Die meckern über ne Spinne im Zimmer, über zu harte Betten, über kaltes Duschwasser, darüber, dass kein Föhn im Zimmer ist, dass das Zimmer zur Straße und viel zu laut ist, dass das Zimmer komisch riecht und und und.
Und das peinlichste war, dass sich 2 Pärchen geweigert haben, einen Extraausflug zu bezahlen. Sie hätten doch das „All-in-Paket“ gebucht und bezahlt und sähen es jetzt nicht ein, die 15 Euro für einen halben Tag mit Eintritt und Co. zu bezahlen – obwohl es vorher abgesprochen war. Es war abgesprochen, dass dieser Ausflug 15 Euro pro Nase kostet. Am Eingang standen dann wohl 10 Euro Eintritt und das ging ihnen dann gegen den Strich dass sie 15 statt 10 bezahlen sollten. Irgendwie möchte der Busfahrer, der Reiseleiter und der Stellplatz für den Bus auch bezahlt werden. Abgesehen von der Freizeit, die die drei dafür geopfert haben. Der Reiseleiter meinte dann nur, dass er das dann aus eigener Tasche bezahlt, weil er unbedingt wollte, dass sie ein schönes Erlebnis haben und möglichst viel auf dieser Reise lernen. Fast wollten wir schon sammeln, damit wir die 30 Euro zusammenbekommen. Fremdschämen. Ehrlich. Die stolzen Deutschen. Einfach nur peinlich.
Manchmal frage ich mich – in was für einer Welt leben wir? Wo ist da die Gerechtigkeit? Warum sind die, die so wenig haben viel glücklicher und zufriedener als wir? Wann begreifen wir endlich, dass es uns gut geht? Wann sind wir endlich dankbar dafür?

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